Corona-Tagebuch 198
5. Januar 2021
Unangenehm ist mir meine hässliche Seite. Aber es hilft ja nichts, sie ist da. Die Missgunst. Der Neid. Wenn andere unsere derzeitige Situation nutzen, um den Winter auf einer südlichen Insel zu verbringen, freut mich das nicht etwa, sondern ich missgönne es ihnen. Frage mich, woher sie das Geld haben, dabei kann mir das vollkommen egal sein, ändert ja nichts an meiner eigenen Situation. Und tauschen wollen würde ich auch nicht. Jenes Hässliche möchte ich gerne aus mir raus schneiden. Aber wie? Wo sitzt das? Und kann man das entfernen ohne andere Eigenschaften in Mitleidenschaft zu ziehen? Justizsenator Dirk Behrendt will die Ausgangsbeschränkungen in Berlin kippen. Wie Sebastian Brux, Sprecher der Berliner Senatsverwaltung für Justiz, erklärte, sei die Beschränkung „juristisch fragwürdig“ und „zweitens für die Pandemiebekämpfung nicht notwendig“. So lange Profifussball stattfände und Läden teilweise geöffnet blieben, sei eine Ausgangssperre nicht zu rechtfertigen. Die „kann man aus unserer Sicht ersatzlos streichen“, so Brux. Sehe ich genauso. Ist es pandemisch gesehen nicht sogar besser, wenn einige nachts spazieren gehen oder Sport treiben, statt dies tagsüber zu tun? Im Libanon tritt ab sofort eine strikte Ausgangssperre von 18 Uhr bis zum nächsten Morgen in Kraft. Im spanischen Katalonien werden sämtliche Gemeinden ab Donnerstag 10 Tage abgeriegelt, man darf sie nur noch aus den berühmten „triftigen Gründen“ verlassen. Einkaufs- und Fitnesszentren, sowie Läden über 400 m² Verkaufsfläche müssen schließen. Österreich verlängert seinen Shutdown bis zum 24. Januar. Schließen müssen in England die Schulen. Außerdem darf die Wohnung nur noch zu Arztbesuchen, zur Arbeit oder zum Einkaufen lebensnotwendiger Dinge verlassen werden. Nach stark steigenden Infektionszahlen mit der vor allem in England verbreiteten B.1.1.7.-Variante verhängt auch Schottland einen Shutdown. Eine britische Abgeordnete ist dort jetzt verhaftet und angeklagt worden, weil sie im September 2020 mit Corona-Symptomen 600 km per Zug von Glasgow nach London fuhr, im Parlament eine Rede hielt und nach positivem Test wieder nach Glasgow zurückfuhr. Den Parlamentssitz gab sie trotz Rücktrittsforderungen nicht auf, wurde jedoch aus ihrer Fraktion der Schottischen Nationalpartei (SNP) ausgeschlossen und wirkt inzwischen als unabhängige Abgeordnete. Nachgewiesen wurde die B.1.1.7.-Variante inzwischen auch bei 4 Personen in Österreich, bei einer in New York, bei zwei in Brasilien und bei einem 50-jährigem Mann in Georgien, bei dem nicht klar sei, wo er sich angesteckt habe, in Großbritannien ist er jedenfalls nicht gewesen. Mexiko lässt den Astrazeneca-Impfstoff zu. Israel lässt den Moderna-Impfstoff zu. In den USA haben die ersten Menschen bereits ihre zweite Injektion erhalten. Andrew Cuomo, Gouverneur des US-Bundesstaates New York, kündigt Strafen für Krankenhäuser an, welche die Impfstoff-Zuteilung nicht binnen sieben Tagen einsetzen: „Ich will den Impfstoff nicht in einem Kühlschrank oder einer Kühltruhe haben“ sondern „Ich will ihn bei jemandem im Arm haben.“ Über 500 Covid-19-Tote verzeichnet Luxemburg, über 1.000 Südkorea, über 5.000 Griechenland, über 10.000 Ungarn, über 30.000 Südafrika, über 35.000 Deutschland. Das thüringische Oberhof plant den Wintersportort am nächsten Wochenende weitgehend abzuriegeln. Bürgermeister Thomas Schulz: „Es sollen nur noch Leute Zugang haben, die hier wohnen, arbeiten oder ein berechtigtes Interesse daran haben hierher zu kommen.“ Wie zum Beispiel die Biathletinnen und -athleten, die nächstes Wochenende dort ihren Weltcup austragen? Tja. Profisport ist eben systemrelevant.
Tipp für heute: Fernsehsport kann man nach wie vor selbst als Amateur betreiben.
2 Kommentare zu “Corona-Tagebuch 198”
01
lieber ahne, warum machst du nicht wie andere freischaffende künstler und journalisten mit beim klicken für eine spende?
oder kaffee? oder was auch immer…
es gibt bestimmt menschen die gern etwas spenden, die situation ist doch für euch alle schrecklich(auch wenn es anderswo schlimmer ist).
02
Liebe Roswitha,
Für so was bin ich einfach zu blöd. Außerdem mache ich bei einer Lesebühne mit, wo die Menschen jeden Sonntag schon zum Spenden aufgerufen werden. Ich plädiere für ein Bedingungsloses Grundeinkommen. Da könnten wir uns den bürokratischen Aufwand sparen.
Gruß und Dank
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