Corona-Tagebuch 159

27. November 2020

Im Warteraum des Zahnarztes. Eine Mutter versucht ihren beiden Töchtern im Kindergartenalter zu erklären, warum sie die Jacken ausziehen sollten. „Schaut mal, wenn ihr jetzt hier dri-hin die Jacken anlasst und dann gehen wir wieder rau-haus, dann schwitzt ihr hier drin und draußen friert ihr, denn draußen ist es nämlich viel, viel kälter als hier drin, also zieht mal bitte eure Jacken aus.“ Die eine Tochter reagiert nicht, die andere sagt: „Nein!“ Die Mutter versucht es daraufhin noch einmal: „Hier drin ist es doch richtig warm, guckt mal, ich habe auch bereits meine Jacke ausgezogen.“ Sie wendet sich an das eine der beiden Mädchen: „Ziehst du jetzt bitte deine Jacke aus, ja?“ Die: „Nein“. Daraufhin lässt die Mutter beide Kinder mit angezogenen Jacken neben sich auf der Couch Platz nehmen und fängt an freundlich aus einem Buch vorzulesen. Als sie nach ein paar Seiten stockt, die Kinder anguckt und erneut beginnt zu agitieren, muss ich auf Toilette, obwohl ich gar nicht muss. Die Mutter tut mir leid. Die Kinder auch. In Berlin sollen sich über die Weihnachtsfeiertage und Silvester nur 5 Menschen aus zwei Haushalten in der Wohnung treffen dürfen. Die bundesweiten Lockerungen zu dieser Zeit könnten im Corona-Hotspot Berlin nicht gelten, heißt es aus dem Senat. Anreisende Familienangehörige dürfen in jener Zeit aber im Hotel übernachten, dies gestatten auch Hessen und Nordrhein/Westfalen. Thüringen will die Weihnachtsferien am 23.12. erst beginnen lassen, Bremen ist noch unentschieden, in allen anderen Bundesländern ist bereits ab 19.12. frei. Der irische WHO-Experte Mike Ryan rät seinen Landsleuten zu anderen Weihnachtsfeiern als üblich: „Wir sollten nicht das tun, was in Irland normalerweise getan wird, dass in der Küche 15 Leute Kartoffeln schälen und Bratensaft über die Truthähne gießen.“ Was denn sonst? Der britische Gesundheitsexperte und Berater der Regierung Chris Whitty räte seinen Landsleuten dieses Weihnachten auf Küsse und Umarmungen zu verzichten. Ich habe mich entschieden auf Geschenke zu verzichten. Also keine zu besorgen. Bekommen will ich welche, klar. Die Slowakei verschiebt weitere geplante Massentests der Bevölkerung auf „unbestimmte Zeit“. Griechenland verlängert den Lockdown bis zum 7. Dezember. In Kroatien müssen Bars und Restaurants ab dem Wochenende schließen, Hochzeitsfeiern werden verboten, in geschlossenen Räumen dürfen sich nur noch 10 Personen treffen. Schließen will auch Italien und zwar seine Skigebiete. Bayerns Ministerpräsident Söder möchte die bayrischen Skigebiete ebenfalls schließen, wenn, ja, wenn alle europäischen Skigebiete schließen. Österreich schließt seine Skigebiete aber definitiv nicht, nur Apres-Ski soll untersagt sein. Frankreich öffnet zwar die Skipisten, die Skilifte allerdings bleiben geschlossen. Fröhliches Wiederhochkraxeln, wünsche ich. Rekorde an Neuinfektionen melden Estland, 415, Lettland, 898, Kroatien, 4.009 und die Türkei, 29.132. Über 100 Covid-19-Tote verzeichnet Estland, über 2.000 Griechenland, über 3.000 Tunesien, über 15.000 Polen. Kulturstaatsministerin Monika Grütters begrüßt die Festlegung der Bundesregierung, dass wegen des auch im Grundgesetz verankerten Ranges der Kunstfreiheit, die Kulturbetriebe öffnen dürften, „sobald dies unter Beachtung der Infektionslage wieder möglich“ sei. Dachte, dies wäre eine Selbstverständlichkeit, aber okay, kann man ja trotzdem mal begrüßen.

Tipp für heute: Es begrüßen, dass die Welt sich dreht, unter Beachtung der Infektionslage, selbstverständlich.

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