Corona-Tagebuch 162
28. August 2020
Manche Menschen sind besorgt, wegen des kommenden Wochenendes. Ich wurde gestern gebeten, mit meiner Tochter doch bitte das Stadtzentrum zu meiden, wenn die ganzen „Idioten“ nach Berlin kommen. Querdenker fluten die hiesige Versammlungsbehörde mit Anmeldungen von Demonstrationen. Laut Evangelischem Pressedienst seien nach dem Verbot von 12 Veranstaltungen gegen die Corona-Maßnahmen am Wochenende, aktuell über 1.000 Neuanmeldungen zu bearbeiten. Die Berliner Polizei korrigierte ihre Angaben über die Teilnehmerzahl an der letzten genehmigten Großdemonstration übrigens von 20.000 auf 30.000 nach oben. Einige Querdenker sprachen und schrieben von 1,2 Millionen. In Nordfrankreich hat ein Mann einen Kellner niedergestochen, nachdem dieser ihn zum Tragen einer Maske aufforderte. Der Vize-Chef der deutschen Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) Klaus-Dieter Hommel äußert sich zum Problem, dass Zugbegleiter alleine die Maskenpflicht nicht durchsetzen können: „Wir haben jeden Tag Übergriffe. Wir wollen die Kollegen nicht ans Messer liefern.“ Die Bundesrepublik legt, mit Ausnahme von Sachsen/Anhalt, ein bundesweites Bußgeld von 50 € für Maskenverweigerer fest. Der Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), Thomas Fischbach, fordert eine Maskenpflicht für Lehrer im Klassenzimmer, Ärztepräsident Klaus Reinhardt eine Kontrolle der häuslichen Quarantäne von Reiserückkehrern aus Risikogebieten durch Polizei und Ordnungsämter: „Die Amtsärzte sind voll damit ausgelastet, Infektionsketten nachzuverfolgen und Quarantänemaßnahmen einzuleiten.“ 1.571 Neuinfektionen meldet Deutschland gestern. Frankreich 6.111, die zweithöchste jemals dort gemessene Zahl. Rekorde an Neuinfektionen melden die Ukraine, 2.438 am Tag und Indien, 77.266 am Tag. Angesichts steigender Infektionszahlen und eines positiv getesteten Parlamentsjournalisten hat das südkoreanische Parlament seinen Betrieb eingestellt, erneut, vorübergehend. Wegen steigender Infektionszahlen verhängt Kuba ab 1. September für 14 Tage eine Ausgangssperre von 19 bis 5 Uhr über die Hauptstadt Havanna. Minderjährige sollen sich auch tagsüber nicht auf Straßen oder in Parks aufhalten. Ein- und Ausreisen zwischen Havanna und dem Rest des Landes müssen genehmigt werden. Die Polizeipräsenz wird erhöht. Der Libanon hingegen lockert trotz hoher Infektionszahlen seine Maßnahmen. Die meisten Geschäfte, Märkte und Restaurants dürfen wieder öffnen, die Ausgangssperre gilt nur noch von 22-6 Uhr. Laut John Nkengasong vom Afrika-Zentrum für Krankheitskontrolle und -prävention, ist die Zahl bestätigter Neuinfektionen auf dem Kontinent in der vergangenen Woche um 20% zurück gegangen. 23 der 54 Länder melden einen dauerhaften Rückgang dieser Fälle. Über 100 Covid-19-Tote meldet Syrien, über 200 Haiti, über 300 Usbekistan, über 1.000 Marokko, über 2.000 Polen, über 8.000 Argentinien, über 180.000 die USA. Der dortige Präsident zauberte gestern wieder einen absurden Satz aus seinem scheinbar unerschöpflichen Reservoir an absurden Sätzen: „Ich sage mit großer Bescheidenheit, dass ich mehr für die afroamerikanische Community getan habe als jeder Präsident seit Abraham Lincoln.“
Tipp für heute: Die Bedeutung des Wortes „Bescheidenheit“ noch mal nachschlagen, um sich wirklich ganz sicher zu sein.
4 Kommentare zu “Corona-Tagebuch 162”
01
lieber ahne, die neuerkrankungen, sind das positiv getestete menschen oder welche, die krankheitzeichen haben oder im krankenhaus liegen?
02
Neuinfizierte sind positiv Getestete, deren Positivtestung an jenem Tag bekannt wurde.
03
danke für die auskunft! aber so ist es ja etwas anderes, da müsste man doch wissen, wieviel prozent etwa krank werden. denn es gibt auch andere krankheiten, die in uns „schlummern“, aber nie zum ausbruch kommen. irgendwie finde ich, es sollte mal von den wirklich erkrankten geredet werden, und von der todesrate bei covid 19- erkrankten. so werden nämlich ängstliche menschen immer ängstlicher und niemand hat etwas davon. abstand und maske finde ich wichtig, panik falsch. es gibt bestimmt auch unterschiede wie jemand lebt, raucher, …
04
Du hast absolut recht. Infiziert heißt nicht gleich erkrankt und erkrankt nicht gleich tot. Die Zahl der Neuinfizierten in den Ländern finde ich aber schon wichtig und interessant. Sie zeigt, wie unterschiedlich in den einzelnen Ländern reagiert wird. Und bei so einer neuen Krankheit ist es insgesamt vielleicht ja gar nicht so schlecht, wenn unterschiedlich reagiert wird. Kann man Erkenntnisse schneller gewinnen, was im Einzelfall tragisch sein kann, sei es für eine Person oder die Bevölkerung eines Landes. Und selbstverständlich ja, man könnte auch Todesraten und die Zahl von Erkrankten auf Intensivstationen vermelden, jedoch würde das für diesen Blog hier den Rahmen sprengen. Und sicher gibt es auch andere Krankheiten, die furchtbar sind. Ich hoffe übrigens, dass dich das Lesen meines Blogs nicht ängstlich macht oder gar panisch, das ist wirklich nicht meine Absicht, ich bin weder das eine noch das andere. Im Moment bin ich sogar ziemlich optimistisch.
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