Rückwärts immer, vorwärts nimmer
4. November 2010
Mir ist es ja wurscht, wen die Katholische Kirche heilig spricht. Von mir aus können sie auch Papa Schlumpf, Lady Gaga oder das Spaßbad in Oranienburg heilig sprechen, aber wenn dann das Öffentlich-Rechtliche Fernsehen ein dermaßenes Gedöns darum macht… oder was war der Grund, warum am Montag abend zur besten Sendezeit ein fast vierstündiger Film über Papst Pius den XII. lief? Und vor allem was für einer!!! Erinnerte mich an diverse DDR-Propaganda-Schinken. Geschichtsverfälschender Unsinn garniert mit drittklassigen Schauspielerleistungen und unerträglich bombastischer Kitschmusik. Pius, der große Gegenspieler von Adolf Hitler im Zweiten Weltkrieg. Pius, der Denker. Pius, der Retter der Juden, jedenfalls der Retter jener Juden, die überhaupt noch zu retten gewesen waren. Pius, der Fels in der Brandung, der der Versuchung widersteht das Naziregime öffentlich anzuprangern, weil dadurch ja alles noch viel schlimmer geworden wäre. „Pius, Pius über alles“, ist man geneigt zu rufen, zumindest wenn man Drogen nähme, die einen immun gegen die Fähigkeit des Denkens machten. Meine Güte, milde gestimmt kann man diesem Papst ja zugute halten, dass Feigheit eine urmenschliche Eigenschaft ist und die meisten Menschen schlicht zum Heldentum nicht taugen, man könnte allerdings durchaus auch behaupten, nachdem man sich mit der historischen Materie vertraut gemacht hat, dieser Papst habe zumindest mit den italienischen Faschisten, ähm, sympathisiert. Als ich einen Tag später den Film ‚Der Stellvertreter‘ auf arte sah, der genau dasselbe Thema behandelte, wollte ich mich erst beruhigt zurücklehnen und Tee Milch trinken, weil dieser Film eben der genaue Gegenentwurf zum Müll am Montag war, aber wie viele Menschen schalten nach der Tagesschau wohl auf arte um? Öffentlich-Rechtlicher Bildungsauftrag, war da eigentlich mal was? Oder zieht auch hierzulande schon die Tee-Partei die Strippen.
Tipp für heute: Nicht der Mitte nach rechts hinterherrennen.
3 Kommentare zu “Rückwärts immer, vorwärts nimmer”
01
Beim Lesen mußte ich sofort an den „Stellvertreter“ denken … und richtig, ein paar Zeilen weiter, kam der Filmtip. Kann ich auch nur wärmstens empfehlen, auch wenn Hochhuth recht plakativ daherkommt.
Aber das ist bei dem Thema vielleicht notwendig.
Die Feigheit des Papstes – mit Diplomatie hatte das wohl nichts zu tun – wird jedenfalls deutlich gezeigt. Wenn nicht gar ein wohlwollendes Zustimmen der katholischen Amtskirche zur Judenvernichtung, schließlich ging es ja gegen die Leute, die Christus mal ans Kreuz nageln ließen – im übertragenen Sinne natürlich, denn die meisten waren ja damals noch nicht geboren.
Na ja – und Bildungsauftrag der Öffentlich-Rechtlichen? Da gloob ick ja im Leben nich dran…
„Bild Dir deine Meinung!“ sach ick bloß.
Dazu noch ein Filmtip, auch wenn es mehr um die Entwicklung des Fernsehens bei den Privaten geht:
„Free Rainer – Dein Fernseher lügt“ (2007)
Info: http://www.imdb.com/title/tt0810868/
02
Vielleicht gibt’s ja in der nächsten Folge von RTL „Das Medium“ irgendwen, der den toten Papst auf dem Handy anruft und mal fragt, wie er das wohl heute so sieht. Aber er hat ja auch Gutes getan, zum Beispiel italienische Kommunisten aus der Kirche zu schmeißen, bzw. zu exkommunizieren. Vielleicht besser für die gewesen? Seelenheilmäßig?
03
Warum der olle Oberpope Pius12 (hört sich übrigens immer an wie irgendein Kotname von CB-Funkern oder Zwischennetzanonymen) nachträglich so gebauchpinselt wird? Der hat was gegen Kommunisten gehabt, ist also schon deswegen ein grundguter Mensch. Außerdem tragen die Politoberen des Staatsfernis – euphemistisch öffentlich-rechtlicher Rundfunk genannt – ständig ihr schlechtes christliches Gewissen mit sich herum, wohlwissend, dass sie i.d.R. ihre Posten nicht sündenfrei erhalten haben. Im Gegenzug kaufen sie quasi ihre Ablassbriefe, indem sie über die ihnen anvertrauten und mit Zwangsgeldern finanzierten Medien, mehr oder weniger dezent, regelmäßig religiöse Hirnwäsche betreiben. Von ki.ka über die Dritten bis zu den beiden großen laufen doch regelmäßig christliche Rituale, Unterweisungen und Lobpreisungen. Die christlich-abendländischen Werte sind aber doch auch nur ein Import aus dem Süden wie heute Islam, verstärkte Pigmentierung und andere Geschichten, die eben die werteorientierten Meinungsmacher, die ihren (angeblichen) Glauben so hoch halten, bei uns nicht haben wollen. Die Wahrheit (großes Wort!) ist doch, dass auch die Vorfahren der Wertebewahrer noch nach der Zeitenwende über Frauen und Töchter hergefallen sind, zehntausende Nonkonforme heiß entsorgt haben, Millionen Außereuropäische schlimmer als die alte inkontinente Katze behandelt haben, … . Und vieles davon im Zeichen des Kreuzes. Und als die Organisation der ehemaligen SS-Angehörigen (ODESSA) ihre Getreuen über den „römischen Weg“ mit Unterstützung der Curie nach Südamerika geschleust hat war Kollege Pius12 doch auch noch im Amt, der alte Menschenfreund.
Es ist Sonntag, ich habe ein wenig Zeit und bin wieder ins fabulieren geraten.
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