Corona-Tagebuch 42

24. April 2020

Es gibt so Tage, da zweifel ich, ob es jemals wieder öffentliche Kulturveranstaltungen geben wird. Wird es, wird es, natürlich. Aber lebe ich dann noch? Alles andere scheint ja relevant zu sein. Die Industriebetriebe, da muss schnell wieder hochgefahren werden, besonders die Autofabriken. Was wäre, wenn nicht jeder und jede sich alle zwei, drei Jahre ein neues Auto kaufen könnte? Dann wären wir voll am Arsch! Die Läden, die Einkaufscenter, die Möbelhäuser. Die Schulen und die Kindergärten. Die Kirchen, die Moscheen, die Synagogen. Selbst für die Gastronomie wird es nicht mehr allzu lange dauern. Ein Konzert aber, eine Theateraufführung, eine Lesung? Luxus. Außerdem hat sich das Internetz bewährt. Wer möchte, kann sich den Quatsch doch zuhause am Rechner reinziehen. Berlin eröffnet ab 30. April seine Spielplätze, Familienangehörige dürfen sich im deutsch-französischen Grenzgebiet wieder besuchen, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein erlauben die Nutzung von Zweitwohnungen und der Magdeburger Zoo öffnet seine Pforten für maximal 1.000 Gäste. In Kroatien dürfen ab 11. Mai Gaststätten mit Außenbereich wieder aufmachen, Boris Johnson ist zurück im britischen Kabinett, die tschechische Regierung hat nach einem Gerichtsurteil sogar sämtliche Ausgangsbeschränkungen aufgehoben. Auch Vietnam lockert. Einige Dienstleistungen, Läden und Cafes lässt man wieder zu. Dort allerdings gab es bereits sechs Tage in Folge keine einzige nachgewiesene Ansteckung, insgesamt 268 offiziell bestätigte Infizierte, an Covid-19 gestorben ist niemand. So viel zur Vorbildfunktion von Deutschland. Uns beneidet die ganze Welt. Neben der Angela-Merkel-Sprachschöpfung „Öffnungsdiskussionsorgien“, welche sicher bald dem Vergessen anheim fallen dürfte, sind mir drei weitere Neuwörter ins Auge gestochen. „Korridorzug“ zum Beispiel. Mit solchen hat Österreich Pflegekräfte aus dem mittlerweile von Corona ebenfalls schwer betroffenen Rumänien ins Land geholt. Die fuhren, ohne Halt in Ungarn, quasi durch einen Korridor, bis Österreich durch. Mir ebenfalls noch nicht geläufig: „Übersterblichkeit“. Hierbei handelt es keineswegs um den Tod von Übermenschen, sondern um Sterblichkeit, welche über einer durchschnittlichen Sterblichkeit in bestimmten Zeiträumen bestimmter Gebiete liegt. Zudem: „Standkundgebung“. Eine solche wird wohl unsere 2.-Mai-Demo sein. Man demonstriert im Stehen auf einem Platz, damit Viren, also demonstrierende Viren, an diesem Platz auch bleiben, anschließend bequem zusammen gefegt und in einer hermetisch versiegelten Tüte entsorgt werden können. Ach und zum Schluss darf selbstverständlich Mr. Trump nicht fehlen. Für ihn klingt es „interessant“ Menschen gegen Corona Desinfektionsmittel spritzen zu lassen, weil Experten feststellten, dass das Virus so auf Türklinken schnell abgetötet werde. Weiter überlegt Trump, wie man „Licht in den Körper bringen“ könne. Bestrahlung mit Sonnenlicht hat nämlich, laut US-amerikanischer Studien, eine mutmaßlich tödliche Wirkung auf Corona-Viren. Würde vielleicht erklären, warum sich Covid-19 in wärmeren Ländern bisher nicht so dramatisch ausbreiten konnte. Außerdem, warum Fledermäuse, die regulären Wirtsleute von Corona, das Sonnenlicht eher meiden. Und Vampire ebenfalls, die ja eng mit Fledermäusen verwandt sind.

Tipp für heute: Knoblauch?

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