Ein ex-linkes (bald ex?)-Presseerzeugnis

5. November 2015

Man denkt ja manchmal man wird schlauer mit den Jahren, dies aber ist nicht der Fall. Reingefallen bin ich erneut auf einen reißerischen Titel. ‚Die Diktatur der Deppen‘ so überschrieb das Berliner Stadtmagazin ‚Zitty‘, das sich seit jüngster Zeit ‚Das Wochenmagazin für Berlin‘ nennt, weil es von zweiwöchentlich auf wöchentliches Erscheinen, von dick auf dünn, von Hochglanz auf unscheinbar, umgestiegen ist, ihr vorletztes Heft. Und ich bezahlte, weil ich gespannt war auf das „gefährliche Zündeln der Berliner Verschwörungstheoretiker“ „zwischen Aluhut, Montagsdemo und Fremdenhass“. Enttäuschung vorprogrammiert? Vielleicht. Was hatte ich erwartet? Dass sich jemand tiefgründig mit Verschwörungstheoretikern auseinandersetzt? Sascha Lübbe und Philipp Wurm jedenfalls zählen brav einen Hanswurst nach dem anderen auf, von Elsässer, über Jebsen, bis Xavier Naidoo. Warum diese „Irrläufer“ allerdings Erfolg haben, in der „Hauptstadt der Hetzer“, wie ‚Zitty‘ maßlos übertreibt, das interessiert die beiden scheinbar nicht. Ja, letzten Endes stoßen sie ins selbe Horn, wenn sie schreiben, dass „Kurzgekommene immer offener für Hass sind“. Dies suggeriert ja, dass es tatsächlich eher die Ärmeren seien, die rechtsradikalen Schwurblern folgen, eine Gefahr für die tolerante, bürgerliche Mitte. Rechts und links, so kommt es in dem Bericht immer wieder rüber, seien doch eigentlich eine Soße, Zitat: „…was sich Akteure von den politischen Rändern zunutze machen: In der Weimarer Republik etwa war die Stadt (Berlin, d.A.) das Auflaufgebiet für Rattenfänger der KPD und NSDAP“. Dieses Hochschaukeln der Radikalen nämlich konnte erst durch den Führer gestoppt werden, welcher von einem Reichspräsidenten ernannt wurde, den die politische Mitte ins Amt gebracht. Das schreibt ‚Zitty‘ natürlich nicht. Auch nicht, dass sämtliche faschistischen Diktaturen weltweit von der Mehrheit der Oberschicht jener Länder gestützt wurden. Die Gefahr kommt immer von unten, von den Rändern her, von den armen, ungebildeten Schluckern. Das, liebe ‚Zitty‘, ist ebenfalls stramm rechtes Denken, muss dich aber nicht weiter interessieren, nachdem dein Veranstaltungsteil auf einen kümmerlichen Rest zusammen geschrumpft ist, bist du ohnehin überflüssig geworden.

Heute: Berlin-Neukölln, Helene-Nathan-Bibliothek, 18 Uhr: Ahne liest, singt und trinkt (neue Texte, alte Schlager, Bier)

und danach

Berlin, Potsdam und Internetz, Pi-Radio auf Radio 88vier, 20:30-21:30 Uhr: Ahnes Liedermachermagazin (das Liedermachermagazin mit Ahne) Ausgabe 61

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