Schuss ins eigene Knie

13. September 2023

Die neuen Meldestellen, unter anderem das Berliner Register, www.berliner-register.de, sorgen momentan für heftige Aufregung. Sie werden als Pranger bezeichnet, mit der DDR-Praxis verglichen. Bürger sollen dort Vorfälle melden u.a. mit rassistischem, sexistischem, antisemitischem, behindertenfeindlichem oder rechtsradikalem Hintergrund. Das Portal wird von Steuergeldern finanziert. Zunächst einmal finde ich es positiv, dass solche Vorfälle dokumentiert werden. So können Schwerpunkte festgestellt, eine Entwicklung verfolgt werden. Da es anonymisiert veröffentlicht wird, stellt es auch keinen Pranger dar. Trotzdem finde ich die Chronik in dem Berliner Register eine Katastrophe. Meiner Meinung nach macht sie Werbung für rechtsradikale Parteien und Organisationen. Jeder kleine Schwachmaten-Verein braucht bloß einen Aufkleber irgendwohin zu pappen, schwupps, wenn es gemeldet wird, ist er weltweit publik, wird in der Berliner Chronik namentlich erwähnt und sogar der Inhalt des Aufklebers genannt. Dass sich Rechtsradikale dadurch animiert fühlen könnten aktiver zu werden, ist darauf denn niemand gekommen? Ich las gestern beim Überfliegen dokumentierter Vorfälle von rechtsradikalen Studentengruppen, Jugendorganisationen, Splittergruppen von denen ich nie zuvor gehört hatte. Die müssten den Initiatoren eigentlich Blumen schicken. Außerdem werden Sachen dokumentiert, die nicht hinein gehören. Zwischen Einträgen über SS-Runen und verprügelten jüdischen Menschen steht plötzlich eine Demonstration von Personen aus dem Querdenker-Milieu, von denen einige in anderen Zusammenhängen mit Rechtsextremisten gesehen worden sein sollen. Entweder man dokumentiert menschenfeindliche Vorfälle oder man dokumentiert alles was einem problematisch erscheint. Wer aber legt fest, was problematisch ist?

Tipp für heute: Die Chronik aus dem Netz nehmen.

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