Schwaben, find ick jut
7. Mai 2013
Heiß her geht es zur Zeit ja mal wieder um die so genannte Schwabenfeindlichkeit der Berliner. Jemand hat in der Nähe der Synagoge in der Rykestraße „Kauft nicht beim Schwab’n“ an eine Hauswand geschrieben und seit Monaten soll angeblich ein Flugblatt kursieren, wo die Separierung von Schwaben (unter anderem) im Prenzlauer Berg gefordert wird. So weit, so schlimm. Dass diese Nähe zur Agitation der Nazis gegen Juden unbewusst besteht, kann mir niemand erzählen. Die Frage muss gestellt werden, ist das nur die Spitze eines Eisberges? Und da wage ich es zu widersprechen. Schwabenfeindliche Sprüche an Häuserwänden gibt es seit Längerem im Prenzlauer Berg, „Tötet Schwaben“, „Schwaben raus“, „Schwabe verpiss dich“, sie sind aber fast alle , ablesbar an der Handschrift, von ein und demselben gefertigt worden, das Kürzel „TSH“ prangt oft über oder unter dem Schriftzug. Ob das nun „The Schwaben Hasser“ oder „The Schwaben Hater“ oder doch „Torsten-Stefan Hummelbär“ heißt, weiß ich nicht, ist mir aber auch Wurscht. Ich denke er ist ein ziemlich verwirrter Schwachkopf, könnte natürlich auch eine Sie sein, aber es fällt mir schwer daran zu glauben. Das Flugblatt dagegen, wie auch die Spätzleattacken gegen das Kollwitz-Denkmal und die symbolische Umbennung diverser Straßen in Gässle etc. scheinen mir eher aus einer anderen Ecke zu kommen, nämlich von Leuten, welche die Schwabenfeindlichkeit satirisch auf ’s Korn nehmen wollen. Durchaus lustig, wie im Falle der Nudeln, sarkastisch-böse im Falle des Flugblattes. Hintergrund des Bashings von Schwaben war ja mal die Gentrifizierung des Prenzlauer Bergs, die Verdrängung von einkommensschwachen Bevölkerungsgruppen durch Mietsteigerung und Zuzug von Besserverdienenden aus Schwaben aber genauso aus Köln, Kanada oder Karlshorst gewesen. „Der Schwabe“ stand dabei nie für die Schwaben sondern für „Den Reicheren“. Mittlerweile ist der Prenzlauer Berg vollständig gentrifiziert. Langweilig, sauber, kinderfreundlich. Menschen, die um die Urbanität Berlins besorgt sind, müssten eigentlich fordern, dass „Schwaben“ nach Prenzlauer Berg ziehen, um andere Stadtteile noch ein Weilchen zu schonen. Eine wirksame Maßnahme gegen Gentrifizierung und Fremdenfeindlichkeit wäre übrigens der Bau von Asylbewerber- und Obdachlosenwohnheimen sowie Sozialwohnungen inmitten prosperisierender Stadtteile, jedoch bringt das ja kein Geld, die baut man weiterhin lieber am Stadtrand, dort wo sich die Probleme ohnehin ballen.
Heute: Berlin, Humboldt-Universität, 19 Uhr: Veranstaltung zur Bücherverbrennung 1933 mit u.a. Benno Kolloska, Ivo Lotion und mich
4 Kommentare zu “Schwaben, find ick jut”
01
Offenbar bin ich auch so ein Schwabenhasser: ich habe »Schwaben, fickt nich jut« gelesen.
02
[…] Dieser Artikel erschien ursprünglich bei Ahne International. Dank an Ahne für das Okay, den Beitrag hier zu posten. Ahne: Schwaben, find ick jut […]
03
Langweilig und sauber passt doch nicht in eine Reihe mit kinderfreundlich.
04
Für die meisten scheinbar schon.
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